Eisbergmodell

 

Das Eisbergmodell ist eine wesentliche Säule der Kommunikationstheorie. Sie stützt sich auf die Persönlichkeitstheorie von Sigmund Freud. Es zeigt den menschlichen Bewusstseinszustand im Verhältnis 20/80: bewusst – vorbewusst – unbewusst. Welche Auswirkung das auf unsere Kommunikation hat, sieht man sehr gut im Bild:

 

Ein kleiner Teil (1/7) der Botschaften die wir abschicken/erhalten ist sichtbar und kann auf Sachebene diskutiert werden.

Ein weitaus größerer Teil (6/7) dessen, was wir sagen, liegt versteckt auf der Beziehungsebene unter Wasser.

 

Sachlogik ist alles, worüber man sprechen kann: Verhalten, Aussehen, Mimik, Gestik

+ gemeinsame Themen, Interessen, Erledigung von Arbeitsaufträgen, Organisatorisches.

 

Das Fundament: (Gefühle, Bedürfnisse und Gedanken),

Persönliches und Beziehungsebene

Freude, Ärger, Sympathie, Antipathie, Bedürfnisse, Wünsche, Werte und Normen, Tabus, Ängste, Misstrauen, Zuversicht, ungeschriebene Gesetze


Im Fundament ist Thematisieren schwierig bis unmöglich

(evtl. nur therapeutisch möglich)

 

Glaubenssätze sind Wahrheiten von denen wir überzeugt sind. „Ich bin nichts wert“. „Wenn ich nicht viel Geld verdiene, halten andere mich für einen Versager“

 

Wird die psychosoziale Ebene (Fundament) nicht ausreichend gewürdigt, kann die sachliche Ebene, das Thema, die Aufgabe, nur unzureichend bedient werden.

Bsp. Verlorener Ehering: wenn der Partner nicht ergründet, weshalb die Frau so heftig auf das Verlieren des Ringes reagiert (Symbol des Rings), gibt es keine zufriedenstellende Lösung.

 

Das Fundament mit 6/7 der Gesamtbeteiligung schiebt sich mit hoher Energie immer wieder in den Vordergrund. Bekommt diese Ebene ausreichend Raum und Würdigung, kann die freiwerdende Energie auf die Konfliktlösung oder die Aufgabe gelenkt werden.

 

Ignoranz der Gefühle (z.B. Eifersucht, Konkurrenz) lässt sie nicht verschwinden sondern beeinflusst die Handlungen noch mehr. Unterdrücktes strebt mit Macht nach oben.

Bsp. „Gefühle haben da nichts verloren, hier geht es nur um die Sache“ (Ring).

 

Wenn zwei Konfliktpartner sich nicht annähern, wird eine genaue Betrachtung der beiden Fundamente Schnittmengen zeigen. Spätestens bei grundlegenden Bedürfnissen, die sich unterschiedlich ausdrücken aber bei allen gleich sind:

Bsp. Sicherheit. Dieses Bedürfnis kann sich ausleben in Enge, Geborgenheit, Freiheit, Geld, Familie, Haus, Auto, das ist individuell verschieden.

 

Was den einen zum Weinen bringt, macht den anderen zornig oder amüsiert ihn.

 

Die Wichtigkeit von Bedürfnissen ist offensichtlich, trotzdem werden sie in der westlichen Gesellschaft meist verleugnet. Oder besser: man versucht es.

 

Bewusstwerden und Reflektieren schafft in der Mediativen Kommunikation die Basis für ein besseres zwischenmenschliches Verständnis.

 

Training ist dringend erforderlich!

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Immer willst du Recht haben oder wie einfach könnte das Leben sein :-)

 

Kennst du das?

 

Wir sitzen zwar im selben Boot, aber jeder rudert in „seine“ Richtung und keiner kommt voran ....

Welche Richtung ist die richtige und wer bestimmt sie?

 

Fakt: Die beiden Ruderer legen ihre gesamte Energie in das entgegengesetzte Rudern und die verbliebene Energie fließt in den verbalen Streit, wer wohl Recht hat. Irgendwann erlahmen die Kräfte und der Stärkere rudert in „seine“ Richtung, so er noch genügend Kraft hat oder beide „verhungern“ auf offener See. Fazit: Einer bleibt mindestens auf der Strecke, noch wahrscheinlicher beide.

 

Jeder von uns kennt dieses „Dagegenrudern“ auch in der Partnerschaft, mehr oder weniger ausgeprägt. Unterschiedliche Sichtweisen ohne konstruktive Ideen damit umzugehen.

 

Ohne Strategie (oder Durchblick) kommen wir nicht aus diesen Situationen. Die Lösung ist so simpel wie wirkungsvoll, wenn man sie erkennt:

 

Wir stellen uns einen imaginären Dritten  vor *), der  hinterfragt, was für jeden an der jeweiligen Richtung wichtig ist, wieso es gerade so und nicht anders gehen muss. Jeder kommt zu Wort und jeder kann seine Sichtweise, Wünsche und Ziele schildern, seine Gefühle und Bedürfnisse entdecken. Damit wird jeder gesehen und gehört, die Lösung zeigt sich nach diesem Prozess meist von ganz allein.

 

Gemeinsam arbeitet man Möglichkeiten aus, die Kräfte zu bündeln und so die Ziele aller Beteiligten zu erreichen. Das könnte in unserem metaphorischen Beispiel sein: Zusammen in die gleiche Richtung zu rudern, erst Ziel A und dann Ziel B anzulaufen oder umgekehrt. Dabei neue Sichtweisen kennenzulernen und das Leben genießen.

 

 

*) du fragst vielleicht: Wo soll ich denn einen Vermittler (den Dritten) plötzlich her bekommen? Wenn du die Strategie einmal erlernt hast, kannst du sie selbst immer und überall wieder einsetzen. Das heißt, du kannst jederzeit auf deinen imaginären Balkon gehen, dir damit den nötigen Abstand und die Übersicht geben, klare und tragfähige Entscheidungen zu treffen.

 

Wenn sich das für dich gut anfühlt, bleib dran!

Es gibt Workshops, in denen du deine Ressourcen kennenlernst und üben kannst, sie für ein glücklicheres Leben einzusetzen.

 

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Firmennachfolge

 

Wenn der Senior am Chefsessel seines Kleinbetriebes kleben bleibt...

 

Laut Bundesministerium für Wirtschaft suchen jährlich ca. 22.000 Unternehmen in Deutschland einen Nachfolger*). 300.000 Arbeitsplätze sind davon betroffen.

 

Diese Betriebe wurden von einer tüchtigen und findigen Generation aufgebaut und zum Erfolg geführt. Nicht erst, wenn der Unternehmer das Rentenalter erreicht, stellt sich die Frage, wohin mit dem Unternehmen. Idealerweise wachsen Sohn oder Tochter in diese Aufgabe hinein oder es wird ein potenzieller Nachfolger gefunden. Aber wenn dieser Übernahmewillige nicht ein Klon des bisherigen Besitzers ist, wird es schwierig....

Nehmen wir also an, Nachwuchs oder Nachfolger sind zur Übernahme bereit. Damit ist ein erster Schritt getan. Aber oft genug führt dieser erst in ein Dilemma. Die Hartnäckigkeit des Unternehmers und die Unsicherheit des Nachfolgers sind nämlich ein konfliktträchtiges Paar.

 

Auch wenn der Senior aufhören möchte, ist er oft nicht willens oder in der Lage, sein Lebenswerk zu übergeben. Das ist ohne Aussteigen aus den bisher gelebten Mustern nahezu unmöglich. Dazu würde gehören: Verantwortung abzugeben, sich auf Neues einzulassen und neue Sichtweisen zu akzeptieren. Ohne Unterstützung ist das kaum zu schaffen.

 

Weil das Bisherige gut funktioniert, gilt oft die Devise »never change a running system«. Systeme sollten aber regelmäßig geändert oder nachjustiert werden, um erfolgreich zu bleiben. In der Praxis zeigt sich oft, dass es nach umfangreichen Änderungen und einer Verjüngungskur in der Chefetage besser »läuft« als zuvor. Dazu muss frühzeitig eine reale Übergabe erfolgen. Inklusive loslassen, abgeben und übernehmen. Und zwar an einen selbstbewussten Nachfolger, der sich und seinen Fähigkeiten vertraut. Der sich seiner Verantwortung, das Unternehmen in eine sichere Zukunft zu führen, bewusst ist.

 

Diese Veränderungsprozesse kann ein ausgebildeter Mediator/Coach als neutrale Instanz gut unterstützen. Er ist dazu ausgebildet, beiden Sichtweisen und der Firma eine Zukunft zu geben und so für Vorgänger und Nachfolger gleichermaßen eine gewinnbringende Situation herzustellen.

 

Aber erst in der Kombination von Coaching / Mediation mit Unternehmensberatung wird die Begleitung der Firmenübergabe ganzheitlich. Auch der sachliche Aspekt kann so zusätzlich einbezogen werden.

 

Zahlreiche Beispiele von begleiteten Firmenübergaben zeigen die Wirksamkeit dieser Unterstützung.

 

*) Quelle www.bmwi.de  (Publikationen: "nexxt-Change")

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Systeme

 

...und wieso in der Familie alle an einer unsichtbaren Schnur hängen

 

Was ist ein System?

Wikipedia weiß: „Als System (altgriechisch sýstēma „das Gebilde, Zusammengestellte, Verbundene“) wird allgemein eine Gesamtheit von Elementen bezeichnet, die so aufeinander bezogen oder miteinander verbunden sind und in einer Weise interagieren, dass sie als eine aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können, als strukturierte systematische Ganzheit ...“.

 

Wenn ich es zwei-, dreimal lese, weiß ich, ein System lauert überall: Sonnensystem, Tonsystem, Wertesystem, wieso also nicht auch in der Familie? Systeme sind allgegenwärtig und spannend, deshalb riskieren wir einen näheren Blick.

 

Wer jemals für seine Kinder ein Mobile gebastelt hat, weiß, wie schwer es ist, das Gleichgewicht herzustellen. Das ist in den Systemen nicht anders. Nur tariert sich das automatisch aus.

 

Ich-Mobile:

Hier habe ich mein eigenes Persönlichkeits-Mobile kreiert. Vereinfacht dargestellt.

 

Beispiel: Du siehst, dass im festgehaltenen Moment die Partnerschaft schwerer wiegt als die Familie. Das kann sich kurzfristig ändern, indem der Partner das System verlässt. Abhängig davon, auf welche Weise er geht und wie du damit umgehst, kann das Familien-Teil leichter oder schwerer werden. Irgendwann gibst du durch eine neue Beziehung neues Gewicht oder du ersetzt den Part mit etwas anderem. Mit jeder Veränderung gewichtet sich „natürlich“ die gesamte Beziehungsstruktur (Freunde-Beziehung) anders, es entsteht eine neue Schwingung und es pendelt sich wieder automatisch ein.

 

Das kannst du mit allen Teilen ausprobieren: Wenn dann zusätzlich noch Pflichten zunehmen, bleibt weniger Platz für die Visionen und so weiter.

 

Fakt ist, dass sich nicht nur der veränderte Teil bewegt, sondern das ganze Mobile. Probier es aus! Verstehst du was passiert, kannst du bewusst gegensteuern bzw. ausgleichen.

 

Selbstversuch:

Zeichne spontan dein eigenes Persönlichkeits-Mobile auf ein Blatt Papier. Denke nicht lang darüber nach, gewichte schnell und aus dem Bauch. Du wirst sehen, welch interessantes Ergebnis du erzielst. Das kannst du in beliebigen Zeitabstän-den wiederholen und die Unterschiede (sprich Lebenssituationen) vergleichen.

 

Familien-Mobile:
Kopfkino: Stell dir ein großes Ast-Blätter-Mobile vor:

Ein Ehepaar ist das kleinste System, also nehmen wir an, sie sind zwei Blätter am ersten Ast direkt an der Aufhängung. Den Kindern und Kindeskindern der beiden gehören die nächsten Äste mit Blättern. Jeweils unter den Ästen der Eltern.

 

So, den ersten Teil des Systems haben wir nun im  Kopf. Jetzt wird es umfangrei-cher: Weil jeder Partner seine eigenen Systeme hat, gibt es unzählige Äste und Blätter, darüber und daneben. Eltern, Geschwistern, Onkeln, Tanten. Cousins teilen sich einen weitern Ast und Großeltern, Großtanten, -onkeln wieder einen und so weiter. Es entsteht ein endloses Gebilde, das du nur bis in den Ast deiner Groß-eltern kennst (wenn überhaupt). Das gesamte Familiensystem ist natürlich noch viel umfangreicher und geht endlos weit zurück.

 

Alle Teilnehmer des Familien-Mobiles stehen irgendwie miteinander in Verbindung. Dieses Riesenmobile kann nur existieren, weil es sich im Laufe der Zeit immer wieder austariert und neu einrichtet.

 

Das heißt aber auch: verlässt ein Blatt das System (oder kommt eines hinzu) richtet sich das ganze System völlig neu aus. Schwierig, meinst du? Überhaupt nicht, denn es läuft ganz automatisch.

 

Entfernt sich ein Element, zum Beispiel eine Mutter/ein Vater, übernehmen andere die Funktion oder teilen sie untereinander auf. Kommt ein Kind dazu, bringt das ebenso eine Umverteilung. An einem Ast kommt ein Gewicht weg, beim anderen dazu und so weiter. Die Bewegung setzt sich bis ins letzte Blatt fort.

 

Unmerklich läuft das natürlich nicht, denn es entstehen: Reibungen, freiwillige Platz-überlassungen oder Machtkämpfe etc. Aber spannend ist, dass eben alles von ganz allein geht, auf natürliche Art und Weise. Keiner muss etwas bewusst dazu tun und sagen: Ich sorge für das Gleichgewicht in unserer Familie und mach erst a, dann b und c. Aber man kann auch bewusst Gewichte verschieben, ent- und belasten.

 

Diese Bewegungen verstehst du besser, wenn du das gesamte System kennst, gleich, ob es dein eigenes, das deiner Familie oder das deines Umfeldes ist.

 

Ein Beispiel aus der Praxis:

Tochter (21) verlässt das Elternhaus und zieht in eine WG.

Die Tochter fühlt sich frei, genießt ihre eigenen Entscheidungen und kann machen was sie will. Sie verlässt räumlich das Familiensystem, ist aber natürlich weiterhin und bis zum Ende ihrer Zeit Teil desselben. In veränderter Form. Gleichzeitig steigt sie in das System der WG ein und bekleidet dort eine Position. Wieder ein andere, als die, die ihr im Büro zugeteilt ist.

 

Die Mutter sieht sich ihrer intensivsten Aufgabe beraubt. Sie hat nun viel mehr Zeit, aber noch nicht ausreichend gelernt, diese für sich selbst zu nutzen. Sie fühlt sich überflüssig, unzufrieden und gibt der Tochter die Schuld für ihr Dilemma. Fragt sich: Habe ich nicht alles getan, damit es ihr gut geht? Warum ist sie nur so undankbar? Es ist doch noch viel zu früh für sie. Kurzum sie versteht ihre Welt in diesem Moment nicht mehr.

 

Der Vater freut sich auf mehr Freiheit und Zeit mit seiner Frau. Sie können nun  länger Urlaub machen, weil sich nicht immer alles um die Versorgung der Tochter dreht. Mehr Geld bleibt auch. Bald stellt er fest, sich auf die neue Situation einzu-stellen ist gar nicht so einfach. Die Wohnung ist stiller und das ist nicht die einzige Umstellung. Auch er hat sich neu zu orientieren. Bald merkt er, seine Frau tut sich mit der veränderten Lebensform unendlich schwer. Sie zieht sich zurück, wird lau-nischer. Sie streiten immer öfter und die Situation spitzt sich kritisch zu.

 

Sie verstehen einander nicht mehr und auch das Leben, das sie führen, ist ihnen irgendwie fremd geworden.

 

Irgendwann merken Sie: wir brauchen Hilfe und ziehen die Notbremse. Sie gehen zu einer Mediation.

 

Was kann in diesem Fall eine Mediation bewegen:

Hier kommen die Eheleute wieder in Kontakt. Lernen die Sichtweise des anderen zu verstehen und zu akzeptieren. Sie  bekommen dort einen eigenen Platz und die Möglichkeit alles zu sagen. Aber auch das Zuhören will geübt werden. Sie stellen fest, wo die Ursachen für die Unzufriedenheit liegen und lernen auf eine konstruk-tive Art zu kommunizieren. Nach kurzer Zeit bereits sind sie in der Lage, die unerf-üllten Bedürfnisse zu entdecken und zu stillen, jeder auf seine Art. Sie arbeiten ge-meinsam daran, die Tochter loszulassen. Damit verbessert sich das Verhältnis aller Beteiligten zueinander.

 

Die Mediatoren beeinflussen und manipulieren nicht, sie sind die Moderatoren und Impulsgeber durch eine schwierig gewordene Kommunikation mehrerer Parteien. Mit systemischer Ausbildung begleitet der Mediator oder Coach diese Lebensphase und unterstützt die Entwicklung der Beziehung zu sich und zu anderen.

 

Das System wird neu ausgerichtet.

 

 

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Das Innere Team*)

 

Warum verstehe ich mich oft selbst nicht?

 

Wieso bin ich meist so unsicher in meiner Entscheidung?

Und wieso bekomme ich die längst verdiente Gehaltserhöhung nicht?

 

Alltagsmoment...

Du sitzt deinem Chef gegenüber. Endlich hast du dich getraut eine Gehaltserhöhung zu verlangen, die du schon so lange möchtest. Du hättest sie längst verdient, du empfindest dich als gute tragende Kraft des Betriebs, bist nie krank und gibst alles.

 

Abgelehnt! Begründung: bla, bla .... 

 

Eine innere Stimme sagt dir: Jetzt reicht es, der soll seinen Kram allein machen, nicht mehr mit mir. Der spinnt doch! Der Blödmann, hat überhaupt keine Ahnung .....usw.

 

Der Chef schaut auf die Uhr, steht auf und gibt dir lächelnd die Hand. Ein unmissverständliches Zeichen, das Feld zu räumen.

Du stehst auf und verlässt den Raum. Wortlos, etwas gebückter als vorher, aber du hörst noch: „Vielleicht nächstes Jahr, wenn die Geschäfte besser laufen ...“.  Du denkst, er merkt nicht mal, wenn ich weg bin, am nächsten Tag sitzt ein anderer auf meinem Platz. Wieso trifft es immer nur mich? Du fühlst dich schlecht. Dein Tag ist gelaufen.

 

Wie kommen diese widersprüchlichen Gedanken zustande?

 

Du hörtest sie deutlich: Den Aufsässigen, Selbstsicheren, den Aggressiven, Couragierten, aber auch den Unsicheren, Resignierten, Traurigen in dir.

 

Innere Stimmen (Gedanken), das kennt jeder. Bei manchen geht vielleicht jetzt das eine oder andere Licht an: da habe ich etwas gelesen von Multipler Per-sönlichkeit, Persönlichkeitsstörung oder gar Schizophrenie? Nein, keine Sorge, nichts von alledem. Du bist ganz „normal“. So geht es allen.

 

Wir haben alle von Geburt an unterschiedliche Persönlichkeitsanteile in uns angelegt. Ein Geschenk der Natur und auch unserer Vorfahren. Lass es  uns im Nachfolgenden „Team“ “nennen und etwas später darauf konkret eingehen. Es gibt auch einen Teamleiter, der diese illustre Gesellschaft koordiniert. Das ist deine Persönlichkeit. Jedenfalls sollte es so im günstigsten Fall sein.

 

Dieses Team ist bei jedem Menschen grundverschieden und ist sich selten einig. Vielmehr versucht jedes Mitglied, dein Handeln zu beeinflussen.

 

Warum sind diese Gedanken/Fähigkeiten so verwirrend, weshalb kannst du sie oft nicht umsetzen?

 

Bereits im Babyalter werden die ersten Weichen gestellt. Da steuert das Umfeld mit seiner Reaktion die Lautstärke unserer inneren Bewohner. Das Baby muss nur laut genug schreien, dann gibt es Futter. Ja genau, richtig erkannt: Mit den lebenserhaltenden „Reflexen“ beginnt es, es meldet sich der Versorger.

 

Später hört das kleine Mädchen: „wenn du brav bist (und angepasst), dann bekommst du die Puppe“. Der Wunsch nach der attraktiven Puppe geht quasi auf Kollisionskurs mit dem wilden und ungeschliffenen Teil des Kindes. Sie merkt schnell, wenn ich etwas haben will, muss ich so und so sein. Die unbequemen Seiten (Stimmen, Gedanken) werden einfach in den Hintergrund gedrängt und die gesellschaftsverträglichen stark gemacht. Stimmen werden reguliert und selektiert.

 

Inneres Team: die beteiligten Stimmen aus dem Eingangsbeispiel:

 

          1.  Teil: Entscheidung, Gehaltserhöhung zu verlangen:

  • Der Realist: Du musst an deine finanzielle Zukunft denken, du brauchst mehr Geld
  • Der Selbstbewusste: Das hast du dir längst verdient, bist gut, nie krank, teambewusst etc.
  • Der Visionär: Mit dem Geld kannst du dir eine neue Wohnung leisten

 

          2.  Teil Nach der Ablehnung durch den Chef:

  • Der Aggressive: Jetzt reichts, der soll seinen Kram alleine machen!
  • Der Unsachliche: Der spinnt .... Blödmann .... der hat keine Ahnung!
  • Der Hilflose: Nur weg hier

 

          3. Teil Verarbeitung der Ablehnung:

  • Der Resignierte: Der merkt nicht mal, wenn ich weg bin
  • Der Traurige: Es trifft immer nur mich
  • Der Demoralisierte: mir geht es schlecht

Was passiert da überhaupt?

Du in deiner gesamten Persönlichkeit bist kein statisches Werk sondern ein Universum, bestehend aus vielen unterschiedlichen inneren Anteilen (Teammitglieder), quasi lauter kleinen Persönlichkeiten. Dein Kopf ist die Schaltzentrale. Jedes Teammitglied hat  seine eigenen Bedürf-nisse, Ansichten und seine ganz individuelle Motivation. Auch wenn du das Melden dieser Anteile oft als nervig empfindest, will jedes Teammitglied für dich immer nur das Beste.

 

Aus dem jeweiligen eingeschränkten Blickwinkel heraus reagiert es jedoch auf seine eigene Weise auf innere Konflikte. Es will sie mit seinen Mitteln ausgleichen. So verbirgt sich hinter unbequemen Anteilen immer eine „gute Absicht“:

 

Antreiber: du musst es allen Recht machen

Mach-ich-Morgen-Fred: Ich mag keine Vorschriften

Burnout: Ich ziehe die Notbremse um ihn/sie zu stoppen

Kontrolleur: Es muss alles sicher sein, Neues bringt Gefahr

Leidende: Ich habe Angst erneut verletzt zu werden

 

Und noch viele Teammitglieder mehr, die alle nebeneinander in und mit dir leben, mehr oder weniger harmonisch oder problematisch.

 

Gott sei Dank haben wir alle noch unsere Persönlichkeit zur Verfügung, die diese unterschiedlichen Mitglieder in ihre Positionen bringt. Diese Persönlichkeit steht über all den Teammitgliedern und ist der Teamleiter und bestimmt ..... im besten Falle. Manchmal ist sie aber auch (zeitweise) nicht stark genug und einzelne Teammitglieder machen ihr den Chef-Platz streitig. Bestimmen quasi immer etwas mit. Das verunsichert und macht das Leben schwierig.

 

Das Beispiel:

Der Teamleiter beschließt:

Heute gehe ich zum Chef und lasse mich nicht von der Gehaltserhöhung abbringen.

Der Perfektionist meldet sich:

So kurzfristig und ohne entsprechende Vorbereitung, klappt das nie

Die Aufschiebetante gibt ihren Senf dazu: Morgen ist ein besserer Tag dafür, heute ist es zu warm.

Der Zweifelnde verschafft sich auch Gehör: Ob du überhaupt momentan einen guten Stand hast?

Der Selbstsichere hält dagegen: Das klappt gut, ich bin in Form und habe einen Auftrag an Land gezogen

Der Visionär träumt: Was ich mit dem Geld alles machen kann ...

 

Bis die Schaltzentrale alles gegeneinander abwägt, ist Betriebsschluss und nun sagt der Kritiker: Du bist eine Null auf der ganzen Linie.

 

Was kannst du kurzfristig tun?

 

Erste Möglichkeit: Wichtige Situation wie z.B. das nicht optimal gelaufene Bewerbungsgespräch reflektieren und es beim nächsten Mal anders aufbauen unter vorherigem Einbeziehen des Inneren Teams*.

 

Zweite Möglichkeit (für Fortgeschrittene): Du kannst während des Gesprächs deine sich meldenden Teammitglieder befragen, die meinen es ja immer gut mit dir:

 

Der Selbstbewusste und Realist in dir hätten dann zum Beispiel die Hilflosen, Resignierten und  anderen aus dem Team zur Seite stellen und laut mitteilen können: Ich bin gut, verdiene eine angemessene Entlohnung! Und zum Chef hättest du dann sagen können: Herr Maier, ich sehe das aus meiner Perspektive anders: Ich habe erst kürzlich den Auftrag akquiriert, der für die Firma sehr wichtig ist. Meine Motivation für die Firma alles zu geben, braucht Unterstützung, wie z.B. diese Gehaltserhöhung, damit ich spüre, es wird anerkannt und belohnt.

 

Der aggressive Teil wird gesteuert, damit er zusätzlich deinen Körper aufrichten und eine entsprechende Haltung einnehmen lässt. Das erreicht den Chef auf einer anderen Ebene. (Damit ist nicht gemeint, dass der aggressive Teil bedrohlich agiert und auf den Schreibtisch hauen soll).

 

Du entdeckst vielleicht noch den schlafenden Kreativdirektor, der für das nächste Gespräch ungeahnte Tipps bereithält. Mit Übung  und Geduld funktioniert das. Auch wenn du das eine oder andere Mal noch nicht die richtige innere Lautstärke und Positionierung findest.

 

Auch wenn diese Vorgehensweise auf Anhieb unbequem evtl. sogar unrealistisch erscheint, es funktioniert! Du kannst den Prozess unterstützen, wenn du ein paar Schritte gehst, meditierst oder einfach nur tief durchatmest und zum Fenster hinausschaust. Keine Angst, dieses Meeting findet nur in deinem Kopf statt.

 

 

Was bietet sich auf lange Sicht an?

 

Wenn du deine ganze persönliche Vielfalt leben möchtest, musst du wieder und jederzeit auf dein gesamtes Inneres Team zurückgreifen können. Das heißt: Dein Team erst richtig kennenlernen und zwar so:

  • genau hinhören und spüren, was sich in dir regt, was gehört werden will. Nicht nur die umfeldkonformen Stimmen laut werden lassen sondern alle! Besonders die ganz leisen, zaghaften, die sind am interessantesten.
  • Jede einzelne Stimme, die sich in diesem Augenblick meldet, hören. Nachfragen, welche Absicht steht dahinter.
  • In Kontakt mit den anderen Stimmen treten, die sich zu Wort melden, ebenfalls hinterfragen usw.
  •  Der Teamleiter bildet den Abschluss, indem er alle Ansichten würdigt und abwägt. Die Schaltzentrale entscheidet.

Zum Üben bieten sich viele und unterschiedliche Möglichkeiten, die es zahllos jeden Tag gibt. Du kannst besonders deine unentdeckten Teammitglieder aus Situationen filtern, in denen du ganz intensiv hinhören musst, weil sie so leise sind. Situationen sind kostbar, die dich zum einen verunsichern und zweifeln lassen und zum anderen, die dir lange im Kopf bleiben.

 

Wichtig ist, ohne Zensur auch die entferntesten Stimmen aufspüren. Jonglieren, ausprobieren, so wird das Team in dir bald komplett erscheinen und dich unterstützen.

 

Das Ziel:

Du hast in jeder Situation alle Ressourcen zur Verfügung und kannst die geeigneten Teammitglieder identifizieren, die du gerade zur Konfliktlösung brauchst. Sprich: Dein gesamtes Inneres Team steht jederzeit in Handlungsbereitschaft und du suchst dir aus, wer dir für den Moment hilfreich ist. Du greifst in ein üppiges Angebot, das ständig wächst. Dein Leben wird durch gelungene Kommunikation vielseitiger, schillernder und glücklicher. Es ist unglaublich spannend, sich selbst besser kennenzulernen und spie-lend sein Leben zu vereinfachen.

 

Und übrigens: Dann klappt es auch mit der Kommunikation für die Gehaltserhöhung und dem Heiratsantrag.

 

Was hat das mit Coaching oder Mediation zu tun?

 

Mit dem Inneren Team zu arbeiten ist im Coaching und in der Mediation ein wichtiges Tool. Ich arbeite gern damit, begleite meine Klienten auf ihrer Entdeckungsreise ins eigene Ich. Es schafft die Möglichkeit, sich und andere besser zu verstehen und kennenzulernen. Du beziehst nicht weiterhin alles nur auf dich, kannst auf Abstand zu deinen scheinbaren Widersprüchen gehen. Du kannst die Dinge aus einer sicheren Distanz betrachten. Es ist ein großer Unterschied ob du sagst: Ich habe Angst oder ein Teil von mir hat Angst.

 

Es gibt verschiedene systemische Techniken mit denen dieses Innere Team versinnbildlicht werden kann: Man arbeitet mit unterschiedlichen Tieren, Figuren, Steinen etc. und positioniert sie stellvertretend zu- oder gegeneinander. Am Ende ist ein Bild konstruiert, das man beliebig verändern kann. Solange, bis es für dich stimmig ist.

 

Hier ein Beispiel aus meiner Praxis mit verschiedenen Figuren:

 

Resultat daraus ist: Du stellst fest, was brauchst du, z. B. um Angst zu überwinden?  Welchen der anderen deiner Anteile kannst du zur Hilfe beistellen, Mut oder Selbstvertrauen zum Beispiel. Damit leitest du die gewünschten und notwendigen Änderungen ein, die dein Leben einfacher und attraktiver gestalten.

 

Wissenschaftlicher Hintergrund:

 

Das Innere Team*) ist ein Persönlichkeitsmodell des Hamburger Psychologen Friedemann Schulz von Thun.

 

„Obwohl ein zerstrittener Haufen im Inneren überaus lästig und quälend sein und bis zur Verhaltenslähmung führen kann, handelt es sich dabei nicht um eine seelische Störung sondern um einen ganz normalen menschlichen Zustand. Diese “innere Pluralität” ist letztlich auch wünschenswert. Wenn nämlich aus dem zerstrittenen Haufen ein Inneres Team wird, werden innere Synergieeffekte freigesetzt. Diese rühren vor allem daher, dass die “vereinten Kräfte” mehr Weisheit in sich tragen, als eine einzelne Stimme allein.“

                                                                                                    Friedemann Schulz von Thun.

 

Literatur zum Thema:

 

Miteinander reden 1-4 Störungen und Klärungen Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Das „Innere Team“...

Autor: Friedemann Schulz von Thun.

 

Miteinander reden Band 3: Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation

Autor: Friedemann Schulz von Thun.

 

Wer bin ich  - und wenn ja wie viele?

Autor: Richard David Precht

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Das Innere Team - Eine Parabel

 

Die Zuversicht nimmt die Angst an die Hand und führt sie durchs Labyrinth. Gemeinsam gehen sie eine Weile. Da hören sie aus einer dunklen Ecke ein Kind flüstern:

„Niemand kümmert sich um mich…“.

Das Verständnis kommt zu Zuversicht und Angst hinzu und hört, was die Kinderstimme sagt.  Weil das Verständnis noch mit dem letzten Streit beschäftigt ist, bleibt keine Zeit und sie eilt weiter zum nächsten Einsatz.

Da kommt noch jemand und geht auf das Kind zu: „Doch, ich!“ hört man klar und glockenhell

„Gestatten, Liebe!“

Sie nimmt das Kind in den Arm und die Zuversicht nützt die Gunst der Stunde und schiebt die geschrumpfte Angst in den Schrank. Da hüpft unvermittelt die bunte Freude in den Raum, verfolgt vom grollenden Ärger. Der schwillt an, bläst sich auf und brüllt:

„Was willst du, du kleiner Wicht? Sagt er zur Freude. Siehst du nicht wie groß ich bin?“

Die Freude lächelt ihn freundlich an, verbündet sich flugs mit dem Spaß und der eben freigewordenen Zuversicht und so stellt sich diese Formation dem Ärger in den Weg.

Der kapituliert, verlässt gebückt den Raum und grollt :

“dieses Innere Team wird immer unberechenbarer!“

Karin Krimmer

Eisbergmodell

 

Das Eisbergmodell ist eine wesentliche Säule der Kommunikationstheorie. Sie stützt sich auf die Persönlichkeitstheorie von Sigmund Freud. Es zeigt den menschlichen Bewusstseinszustand im Verhältnis 20/80: bewusst – vorbewusst – unbewusst. Welche Auswirkung das auf unsere Kommunikation hat, sieht man sehr gut im Bild:

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Immer willst du Recht haben oder wie einfach könnte das Leben sein :-)

 

Kennst du das?

 

Wir sitzen zwar im selben Boot, aber jeder rudert in „seine“ Richtung und keiner kommt voran ....

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Firmennachfolge

 

Wenn der Senior am Chefsessel seines Kleinbetriebes kleben bleibt...

 

Laut Bundesministerium für Wirtschaft suchen jährlich ca. 22.000 Unternehmen in Deutschland einen Nachfolger*). 300.000 Arbeitsplätze sind davon betroffen.

 

Diese Betriebe wurden von einer tüchtigen und findigen Generation aufgebaut und zum Erfolg geführt. Nicht erst, wenn der Unternehmer das Rentenalter erreicht, stellt sich die Frage, wohin mit dem Unternehmen. Idealerweise wachsen Sohn oder Tochter in diese Aufgabe hinein oder es wird ein potenzieller Nachfolger gefunden. Aber wenn dieser Übernahmewillige nicht ein Klon des bisherigen Besitzers ist, wird es schwierig....

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Systeme

 

...und wieso in der Familie alle an einer unsichtbaren Schnur hängen

 

Was ist ein System?

Wikipedia weiß: „Als System (altgriechisch sýstēma „das Gebilde, Zusammengestellte, Verbundene“) wird allgemein eine Gesamtheit von Elementen bezeichnet, die so aufeinander bezogen oder miteinander verbunden sind und in einer Weise interagieren, dass sie als eine aufgaben-, sinn- oder zweckgebundene Einheit angesehen werden können, als strukturierte systematische Ganzheit ...“.

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Das Innere Team*)

 

Warum verstehe ich mich oft selbst nicht?

 

Wieso bin ich meist so unsicher in meiner Entscheidung?

Und wieso bekomme ich die längst verdiente Gehaltserhöhung nicht?

 

Alltagsmoment...

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